Biographie des KZ-Überlebenden Heinz Junge

Endlich auf dem Markt: Ewig kann's nicht Winter sein
Die Erinnerungen des Kommunisten Heinz Junge. Der Sohn eines Bergarbeiters hat drei Konzentrationslager überlebt, nach der Befreiung in Dortmund eine antifaschistische Jugendarbeit angeschoben und später die Adenauerjustiz ausgetrickst, die ihn (und seine Mitstreiter) gerne ins Gefängnis gesteckt hätte. Als Rentner hat er seine Erlebnisse aufgeschrieben - und ich durfte sie ordnen und verschlanken. Motto: "Nie wieder ist jetzt!"
306 Seiten Paperback im PapyRossa-Verlag. Hrg.: Reinhard Junge

4 Gedanken zu „Biographie des KZ-Überlebenden Heinz Junge“

  1. Lieber Reinhard,

    ich habe begonnen das Buch zu lesen. Es ist fesselnd, spannend und bringt Erkenntnisgewinn. Ich wollte mich bei Dir bedanken – bei Heinz geht ja leider nicht mehr.

    Liebe Grüße

    Patrik

    1. Hi, Patrik, Danke für das Lob! Ich werde Heinz beim nächsten Besuch auf dem Friedhof davon berichten. Klar, er kann das nicht mehr hören. Aber solche Worte am Grab auszusprechen, hat etwas mit Respekt und Dankbarkeit zu tun. Und gibt dir selbst das Gefühl, etwas Wichtiges endlich nachgeholt zu haben.

  2. Lieber Reinhard,

    am 7. April hat mich meine Lieblingsbuchhandlung angerufen: ein lange bestelltes Buch sei da. Inzwischen habe ich mich festgelesen und bin fasziniert von der Lebensgeschichte Deines Vaters – soweit man von den Schrecken im Knast der Hitler-Deutschen und in den Konzentrationslagern gefesselt sein kann. Deine Leistung, dieses Buch Deines Vaters aus seinem Erbe, seinen Texten, seinen Zeugnissen so wie Du es gemacht und geschafft hast, ist nicht hoch genug einzuschätzen.

    Beim Lesen wurde mir auch in der Erinnerung deutlich, wie und warum Du mich Anfang der 90er Jahres des vergangenen Jahrhunderts als „kleinbürgerlichen Bündnispartner“, der zur antifaschistischen Einheitsfront gewonnen werden müsse, eingeschätzt hast. Als wir beide noch zur analogen Zeit Ende 1993 auf eine der ersten neueren Feindeslisten der deutschen Neonazi-Szene gerieten, Besuch von der Polizei erhielten, die uns Schutz zusagte, da kann ich mich an ein Kritik an mir erinnern: „Du sprichst ja mit der Polizei“, weil ich nichts dagegen hatte, gemeinsam der Einladung des damaligen 14. Kommissariats der Polizei – heute würde diese Abteilung „Staatsschutz“ genannt werden – zu folgen. Die Schilderungen Deines Vaters machen deutlich, warum eine absulote Schweigedisziplin für ihn eine Voraussetzung des Überlebens in der Illegalität des Hitler-Faschismus war, und warum Schweigen gegenüber der Polizei sowohl vor über 30 Jahren als auch heute sinnvoll sind.
    Auch die Erinnerung an unseren gemeinsamen Besuch im Landgericht Dortmund kommt mir wieder. Du warst als Zeuge geladen im Prozeß gegen Siegfried Borchardt, „SS-Siggi“ genannt, verteidigt von Jürgen Rieger, beide zentralen Figuren der damaligen Fascho-Szene während der heute so genannten „Baseballschläger-Jahre“ im neuen Deutschland mit der „niedervereinigten“ ehemaligen DDR. Ich war einer Deiner beiden Begleiter aus Bochum, der mit Dir auf geradezu konspirativen Wegen (mit Deinem Lada zu einem Dortmunder Krankenhaus, dann mit der Straßenbahn oder dem Bus zum Gericht, damit die Nazis nicht auch noch leicht Dein Auto mit Kennzeichen identifizieren konnten). Wenn mich meine Erinnerung nicht ganz täuscht, waren wir – wahrscheinlich zum ersten Mal in unserem Leben – froh über die Anweisenheit einer SEK-Hundertschaft der Polizei in den Fluren des Landgerichts, die die gleichzeitig zur Unterstützung ihrer angeklagten Volksgenossen anwesenden Nazis, damals außer RA Rieger in der üblichen Uniform DocMartens-Stiefel und Hackfressen, aus denen die schiere Mordlust glotzte. Manche der schwarz-braunen Visagen sahen in meiner Erinnerung so aus, als wenn in ihnen Gesichtern schon alles gelandet war außer einer Betonbrücke.

    Wir beide haben’s heile überstanden, das waren ja geradezu Petitessen gegenüber dem, was Dein Vater so eindrücklich schildert, was er zum Beispiel beim Torfstechen im Moor-KZ und anschließend in den Konzentrationslagern Sachsenhausen und Mauthausen er- und überlebt hat. Wie schwer es gerade in Mauthausen oberhalb von Hitlers Lieblingsstadt Linz zu überleben gewesen war, können wir Nachgeborenen – wenn auch nur ansatzweise – beim Besuch des dortigen Gedenkstätte nachempfinden. Beim Besuch dort vor gut anderthalb Jahrzehnten hat mich unter anderem eine Schilderung eines Soldaten der US-Army per Tondokument erschüttert, der plastisch seine grausigen Erlebnisse bei der Befreiung des KZ im April 1945 schilderte. Der arme Kerl hatte Zeit seines Lebens mit den Erinnerungen zu kämpfen wie Dein Vater – während die meisten der Täter fröhlich und in Frieden Nachkriegs-Adenauer-Deutschland lebten. Und schließlich schilderst Du sehr exakt, wie der Nazi-Nachfolge-Staat Bundesrepublick Deutschland, seinerzeit vertreten durch die Dortmunder Lokalzeitungen, Deinen Vater noch nach seinem Tod im Jahr 2004 nicht in Ruhe lassen konnten. Sie zensierten Eure Todesanzeige, die auf die Verfolgung Deines Vaters auch nach dem 8. Mai 1945 durch das Adenauer-Regime in den 50er und 60er Jahren hinweisen wollte.

    Vielen herzlichen Dank für Dein tolles Buch; ich werde nicht müde werden, es zu preisen und zu rühmen. Selbst die Nazis haben Dich ja auch anerkannt, als sie Dich auf der beschriebenen Feindesliste so charakterisierten: „Junge, Jahrgang 1946, ist antifaschistischer Schrifsteller und schreibt billige Krimis mit inländerfeindlichen Inhalt“ (Grammatikfehler so im Original, der „Schriftleiter“ des Elaborats rühmte die deutsche Sprache, teilte aber nicht mit, wann er sie denn lernen wollen würde. Typisch oft: Hochdeutsch als erste Fremdspräche, so sind’se, die Inländer).

    Apropos: Machts Du noch Lesungen, z. B. im östlichen Westfalen?

    Herzliche Grüße an das Autorenduo Bogenstahlt und Junge,

    Klaus K.

    1. Mann, Klaus,
      was für Details du aus dem staubigen Keller meiner Erinnerungen ans Tageslicht befördert hast! Ja, es stimmt. „SS-Siggi“ und seine Kumpanen hatten in einem Dortmunder Jugendheim randaliert. Ich sollte da aus einem Buch über die Neonazis lesen, das Jürgen Pomorin und ich mit zwei Kumpels für den Weltkreis Verlag geschrieben hatten. Beim Prozess machten einige Dutzend Neonazis aus Hamburg im Gericht Krawall, bis die Polizei sie zurück zum Bahnhof knüppelte. Feine Sache.
      Aber mit meiner Zeugenaussage bin ich noch heute unzufrieden: zu brav, zu defensiv. Der Richter wollte auf Antrag der Neonazis wissen, ob ich Mitglied der VVN war. Das schien ihm wichtiger zu sein als die Handlungen der Faschos. Ich hätte es damals austesten sollen, ob der Mann es wirklich wagte, für eine Verweigerung der Aussage eine Ordnungsstrafe oder gar Beugehaft zu verhängen. Zu spät.- Aber trotzdem ein Danke! Und eine Lesung aus dem neuen Buch in Ostwestfalen? Gerne!

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